11 Jahre nach Kyrill war es wieder soweit: Ein Orkan zieht über Deutschland hinweg. Der Name: Friederike
Friederike schafft es 8 Menschen zu töten und eine halbe Milliarden Euro an Schäden zu hinterlassen. All das kann man aus den Nachrichten lesen. Hier schreibe ich daher nicht darüber, sondern über meinen eigenen Erlebnisse mit der Deutschen Bahn am Tag danach.
Ursprünglich wollte ich ja am Tag des Sturms gegen Abend aus Hamburg wieder nach Hause fahren. Das Ziel: Der Süden, der weitestgehend unbeschadet blieb. Zumindest was dem Bahnverkehr angeht. Dort rollten die Nahverkehrszüge noch und auch im Fernverkehr ging es international nach Prag, Wien und Zürich weiter.
Da ich aber wegen eines Meetings schon nicht so früh fahren konnte wie ich es gemusst hätte, habe ich die Online-Anzeigen der DB-App beobachtet. Dort fuhren noch viele Züge, als die Deutsche Bahn schon lange den Betrieb eingestellt hatte. In der Online-Auskunft war dem nicht so. Hier waren lediglich internationale Züge, die ihre Strecke teilweise bedienten nicht als ausgefallen markiert. Leider war mein Streckenstück trotzdem nicht befahrbar.
Nachdem ich nun etwas früher mein Meeting verlassen hatte, stellte ich am Bahnhof nun 3 Dinge fest: Die Bahnen fihren trotzdem nicht, Flieger blieben am Boden und Leih-PKW waren restlos ausgebucht. Es blieb mir also nur in Hamburg zu übernachten und es am nächsten Tag zu versuchen. Nach ersten eigenen Versuchen, bekam ich dann dank der Hilfe einer Kollegin ein Zimmer für die Nacht. Hätte ich das nicht bekommen, wäre mir die Option offen geblieben in einem der Übernachtungszüge zu übernachten. Diese Übernachtungszüge wurden von der Bahn an vielen Verkehrsknoten bereit gestellt. Gerade dort wo viele Menschen gestrandet waren, konnten nun auch viele Menschen bis zum nächsten Tag die Zeit im Warmen verbringen. Eine super Idee und vielen Dank dafür! (Auch wenn ich es nicht gebraucht habe.)
Am nächsten Morgen habe ich auf jeden Fall erst einmal online geprüft ob irgendein Zug meine eigentliche Route fährt. Da war dieser internationale Zug nach Wien, auf den ich meine Hoffnung legte. Vielleicht wurde der ja umgeleitet. Wurde er leider nicht und gefahren ist er die Strecke auch nicht. Schade.
Aber es gibt ja noch Alternativen. Zuerst einmal die Alternative die ich nicht versucht habe: Über das zuerst gebeutelte NRW nach Frankfurt zu kommen. Hier wusste ich von Streckensperrumgen im Ruhrgebiet und vor Frankfurt. Damit hätte ich also auch nichts gewonnen.
Die andere Richtung über Berlin sah vielversprechender aus. Dorthin bin ich komfortabel und schnell mit einem ICE gekommen. Allerdings war auch hier die Verbindung nach Süden stark beeinträchtigt. Mit dem Fernverkehr konnte man in Richtung Süden nicht starten. Also in den Nahverkehr und über Lutherstadt Wittemberge, Bitterfeld und Halle (Saale) nach Erfurt. Hier sollten ja wieder Fernverkehrszüge in den Süden fahren.
Tja, der Regionalexpress nach Lu. Wittemberge war dann auch fast pünktlich (4 Minuten später) gestartet , jedoch sollte es dann zwischen Jüteborg und Falkenberg kein Weiterkommen geben. Die Sturmschäden zwangen die Bahn einen Bus-Ersatznotverkehr einzurichten. Bis ich jedoch an der Stelle angekommen war, gab es keinen Ersatzverkehr mehr. Der Zug fuhr weiter. Es schien also wieder bergauf zu gehen. Auch fuhr mein ICE mittlerweile nicht mehr nur bis Erfurt, sondern eine Station weiter bis Leipzig. Das ersparte mir einen weiteren Nahverkehrszug.
In Lutherstadt Wittemberge gab es dann erstmal Ernüchterung. Der einzige Zug der mich auch nur annähernd an mein Ziel brachte war der Regionalexpress in Richtung Berlin. Genau der Zug, aus dem ich gerade gestiegen war. Alle Züge nach Erfurt und Leipzig, sowie deren Folgezüge fielen aus. Besonders die S-Bahn, die sowieso nur stündlich fuhr, überraschte mich. Auch der Zug danach sollte ausfallen.
In dem Moment, in dem ich mich damit abfinden wollte wenigstens 2 Stunden dort fest zu sitzen oder wieder nach Berlin zurück zu kehren, kam dann die Mitteilung: „Die S2 nach Leipzig-Stötteritz fällt nicht aus! Sie hat 15 Minuten Verspätung. Ich wiederhole…“
Nun war meine Hoffnung wieder groß nach Leipzig zu kommen und dort einen ICE nach Nürnberg zu besteigen. Aber diese Hoffnung sollte enttäuscht werden. Der Zug fiel aus.
In der Zwischenzeit hatte sich mein ehemaliger Arbeitskollege gemeldet, der etwas später am Hauptbahnhof Hamburg ankam. Er hat die Verbindung nehmen dürfen, die ich eigentlich ursprünglich befahren hätte. Hätte ich länger geschlafen, hätte ich ebenfalls dort im Zug sein können.
Nun, er ist ungefähr dann in Nürnberg angekommen, als ich auch mit dem Leipziger Zug hätte ankommen sollen. Sein Zug hat indes starke Verspätung aufgebau t. Unter anderem auch deswegen, weil der Zug völlig ausgelastet war. In Hannover wurden Reisende schon gebeten wieder aus zu steigen, da der Zug so voll war, das er nicht weiter fahren durfte. Erst nach 40 Minuten war der Zug „leer genug“ um sicher weiter zu fahren. Aber schon eine Station später gab es das gleiche Problem.
Was ich bisher nicht wußte: Wenn die Leipziger Tief-Gleise bauen, dann sind die wirklich tief.
Ich setzte unterdessen die Reise in einem Zug nach Wiesbaden weiter fort. Zwar fuhr ich nur eine Station mit, hatte aber dafür keine Dosen-Sardinen-Gefühle. Hier hat die Deutsche Bahn zusätzlich noch eine zusätzliche ICE-Garnitur bereit gestellt, die normalerweise nicht mitgefahren wäre. Top!
Die DB-Navigator-App hatte mir ursprünglich vorgeschlagen erst eine Stunde später mit einer weiteren S-Bahn nach Erfurt zu fahren. Aufgrund der Erfahrungen am Tag wollte ich aber den Streckenabschnitt so schnell wie möglich hinter mich bringen um auch meinen Anschluss zu erwischen. Wer weiß was mit der S-Bahn gewesen wäre. Und der Zug, den ich erwischen wollte, der hatte jetzt schon leichte Verspätung. Das hieß, er fuhr. Von Berlin aus. Dort, wo vor 3 Stunden noch kein Zug über die Strecke fuhr. Mit etwas Geduld wäre ich also direkt von Berlin aus gestartet.
In Erfurt hatte das Bahnpersonal zuerst gebeten das Fahrgäste in Richtung Süden im Zug bleiben sollten. Da der Zug in dem ich saß aber auch nicht weiter fahren durfte, entschloss ich mich doch wie ursprünglich geplant in Erfurt aus zu steigen. Der Zug war schlicht überfüllt. So konnte ich zumindest etwas Leckeres essen. Es gab Roter-Kokus-Curry. Sehr lecker.
Dennoch musste ich eine halbe Stunde auf den nochmals 30 Minuten verspäteten Zug aus Berlin warten. Also insgesamt 60 Minuten. Am Info-Schalter riet man mir zum 15 Minuten später fahrenden ICE. Im Grunde genommen weiß ich nun das es egal war. Beide waren stark ausgelastet und kamen ca. 10 Minuten unterschiedlich in Nürnberg an. Von da aus brauchte ich nur noch den regulär fahrenden Nahverkehr. Das Ziel war also in Sicht!
Mein Resumeé: Die Deutsche Bahn hat sehr viel getan um den Reisenden die Wartezeit und Übernachtungszeit so angenehm wie möglich zu machen. Auch in der Nacht sind Menschen dabei gewesen die Strecken wieder befahrbar zu machen. Tickets der beiden Tage galten dann auch noch bis zu 7 Tage später. Alles eine Leistung, die man erst einmal schultern muss. Vielen Dank dafür!
Was ich jedoch nicht so gut fand war die Informationspolitik der DB-App. Mittlerweile weiß ich, das ich mich im Zweifel nicht so sehr darauf verlassen kann. Hier waren noch Züge fahrplanmäßig unterwegs, Stunden nachdem der Verkehr eingestellt worden war. Wenn sogar die Nachrichten davon wissen, wieso weiß die App das nicht?
Alles im allem war Friederike und das Nachspiel vielleicht nicht so schön, wie es hätte sein können, aber es ist im Großen und Ganzen nochmal gut gegangen und es war ein Erlebnis. Hoffentlich liegt das nächste, ähnliche Erlebnis nun 11 Jahre entfernt.